Zielgruppe
Das Angebot richtet sich an Jugendliche und Heranwachsende im Alter von 14 bis 21 Jahren, die nicht gelernt haben, angemessene Grenzen bei zwischenmenschlichen Kontakten zu wahren und die sexuell grenzverletzend geworden sind. Es wird vorausgesetzt, dass die Teilnehmer*innen ein Problembewusstsein entwickelt haben.
Personelle Voraussetzungen
Das Gruppenangebot wird von zwei Fachkräften mit unterschiedlichen Geschlechtsidentitäten geleitet, die über sexualbildnerische, beraterische und therapeutische Kenntnisse verfügen.
Dauer und Umfang
Das Angebot erstreckt sich über neun Gruppensitzungen à drei Stunden und umfasst zusätzlich zwei Vorgespräche und ein Abschlussgespräch und wird nach Bedarf von Einzel- und Umfeldarbeit begleitet.
Die einzelnen Sitzungen werden den unterschiedlichen Voraussetzungen, Erfordernissen und Bedürfnissen der zu Beratenden angepasst.
Die Berater*innen erstellen für jede*n Teilnehmer*in einen Abschlussbericht. Darin werden vor allem Erfolge und Perspektiven festgehalten und gegebenenfalls Empfehlungen für eine weitere Begleitung der Teilnehmer*innen ausgesprochen. Der Bericht wird ressourcenorientiert verfasst und die Leistung der Teilnehmer*innen in den Vordergrund gestellt. Er fokussiert auf
Der Abschlussbericht wird mit den jungen Menschen besprochen.
Das Projekt ist in seiner Entwicklung, seiner Durchführung und Evaluation sowie seiner gegebenenfalls erforderlichen Modifizierung auf die enge Zusammenarbeit mit den Trägern der Jugendhilfe angewiesen. Diese umfasst die Kooperation bei der Anmeldung der einzelnen Teilnehmer*innen, den Austausch der erforderlichen Informationen, den gegenseitigen Austausch während des Projektes bei Bedarf und die Zusammenarbeit bei der Evaluation und evtl. Modifizierung des Projekts. Inhalt, Form und Umfang dieser Zusammenarbeit sollen schriftlich niedergelegt und den teilnehmenden jungen Menschen transparent gemacht werden.
Konzeption
In der Pubertät und in der Zeit der Adoleszenz brauchen Jugendliche eine sehr behutsame, wohlwollende sexualbildnerische Begleitung, die sie in der Entwicklung von positiven sexuellen Skripten unterstützt. Jugendliche brauchen sexualbildnerische Ausbildungsräume und Erfahrungsräume für ihre sexuelle Sozialisation.
Zu Beginn der Pubertät bricht die Phase des Kindseins plötzlich ab: Von einem Tag auf den anderen „stimmt“ vieles nicht mehr, ob das bestimmte Umgangsweisen in im unmittelbaren Bezugssystem der Kinder bzw. der Jugendlichen sind, vertraute Spiele oder bisherige Selbstverständlichkeiten im Umgang mit dem eigenen Körper, der sich rapide verändert, wobei Jugendliche oft mit dem überfordert erscheinen, was mit ihnen geschieht.
Die Pubertät ist durch zwei wesentliche Entwicklungen gekennzeichnet: Die biologische Reifung der Geschlechtsorgane und die damit einhergehenden hormonellen Veränderungen verwandeln die kindliche Sexualität in die des Erwachsenen, die über die sexuelle Neugier und das Streben nach körperlicher Nähe hinaus durch ein massives Drängen sexueller Regungen gekennzeichnet ist. Im Unterschied zum spielerischen Charakter der infantilen Sexualität ist die Sexualität des Erwachsenen machtvoll und ernst. Sie wird von Pubertierenden als eine Bedrohung der Integrität ihres Selbst erlebt. Zugleich nimmt die Geschlechtsidentität neue Dimensionen an; sie wird zu einem wesentlichen Merkmal des sozialen Rollenverständnisses, des individuellen Selbstbewusstseins und des Selbstwertgefühls. Diese Entwicklung ist mit Ablösungsprozessen verbunden, die sich als heftige Abgrenzungen gegenüber den Erwachsenen, durch Rückzüge und starke Verunsicherungen äußern. Sie stellt eine veritable Krise dar, zugleich und damit verbunden aber auch eine große Chance. Die hochgradig verunsicherten pubertierenden Jugendlichen suchen Anerkennung, Halt und Orientierung weniger bei den Erwachsenen, sondern in der Gruppe der Gleichaltrigen, an die sie sich anpassen und deren Normen sie sich mehr oder weniger weitgehend unterwerfen. Der Peer-to-Peer-Ansatz bietet für diese Altersgruppe die beste Aussicht auf erfolgreiche Veränderungen und konstruktive Unterstützung bzw. Begleitung ihrer Entwicklung.
Es ist von immenser Wichtigkeit, Schutzräume für die Auseinandersetzung mit dem Thema Sexualität für die Teilnehmer*innen eines sexualbildnerischen Gruppenangebots zu organisieren. Die Teilnehmer*innen der Gruppe bewegen sich in einem emotionalen Feld von Lust, Leidenschaft, Zukunftssuche, Wut und Wunden. Sie sind auf der Suche nach Zugehörigkeit und Zusammengehörigkeit, Bestätigung und Anerkennung in einem Feld, das zugleich von Konkurrenz und Rivalität bestimmt ist und streben dabei nach Individualität und Attraktivität, nach einer Freiheit, die zugleich einsam ist und nach Bindungen, die sie als Fessel erleben. Im Strudel der Gefühle suchen die Jugendlichen nach Halt. Entscheidende Merkmale der Gruppenarbeit sind darum eine klare Struktur, transparente Regeln, planende Übersichtlichkeit sowie die thematische Fokussierung der einzelnen Module. Ein wesentliches Moment des gruppenpädagogischen Konzepts liegt darin, im Außen der Gruppe die Strukturen zu etablieren, die im Inneren der Jugendlichen noch nicht bzw. noch nicht ausreichend entwickelt worden sindund die durch den gruppenpädagogischen Prozess von den Teilnehmer*innen internalisiert und bewusst übernommen werden können. Die Leitung der Gruppe und die Begleitung ihrer Dynamik sind von diesem Ziel bestimmt.
Die Wirksamkeit des sexualbildnerischen Angebots hängt wesentlich damit zusammen, dass sie der Bedeutung der Peergroup in dieser Entwicklungsphase in einer angemessenen Weise Rechnung trägt und als eine wertvolle Ressource nutzt. Sie zielt auf Entfaltung sexuellen und sozialen Ressourcen in einem gesetzeskonformen, sozialverträglichen und verantwortlichen Rahmen und die Ermöglichung von positiven korrigierenden Beziehungserfahrungen.
In Abgrenzung zur klassischen Sexualpädagogik und zur Sexualtherapie findet diese Art sexualbildnerischer Beratung zunächst eher im Zwangskontext pädagogischer Interventionen im Rahmen der Jugendhilfe statt und unterscheidet sich von der klassischen sexualpädagogischen Beratung durch die Orientierung auf die sexuellen Grenzverletzungen. Von Therapie unterscheidet es sich darin, neue Verhaltens- und Umgangsformen im Sinne einer pädagogischen Erweiterung von Handlungsmöglichkeiten zu entwickeln, ohne deren psychodynamische Voraussetzungen zu beeinflussen. Sie setzt darum voraus, dass die teilnehmenden jungen Menschen ihr Sexualverhalten willentlich steuern können und nicht unter einer vermuteten (im jugendlichen Alter nicht diagnostizierbaren) Störung der sexuellen Präferenz auf Kinder leiden, die einer Therapie bedarf. Sollte jedoch das sexualbildnerische Gruppenangebot als Lern- und Auseinandersetzungserfahrung nicht ausreichend zielführend sein, wird eine Einzel- und/oder Gruppentherapie vorgeschlagen, um intensiver an den Ursachen und dem Verändern des sexuell grenzverletzenden Handelns der Jugendlichen zu arbeiten.
Das sexualbildnerische Gruppenangebot soll der Bearbeitung der Handlungsmuster dienen, die Wegbereiter für sexuelle Grenzüberschreitungen waren oder sind. Es sollen sozial adäquate Norm- und Wertvorstellungen sowie Konfliktlösungsstrategien entwickelt werden.
Dazu werden thematische Sitzungen zu folgenden Themen durchgeführt:
Die vorhandenen Ressourcen der Teilnehmer*innen sollen ausreichend berücksichtigt werden, statt sich ausschließlich auf deren vorgebliche oder tatsächliche Defizite zu konzentrieren. Eine fehlerfreundliche Sicht auf und offene empathischer Umgang mit dem Handeln der jungen Menschen sind für einen Lernerfolg basal. Eine angemessene Toleranzbereitschaft seitens der anleitenden Begleiter*innen ermutigt die Jugendlichen, Unsicherheiten und falsches Verhalten einzugestehen und Lernbedürfnisse offen anzusprechen.
Im sexualbildnerischen Gruppensetting werden Räumen zur Auseinandersetzung mit dem Thema Sexualität in allen Jugendliche und Heranwachsende relevanten Facetten erschaffen.
Viele sexuelle Grenzüberschreitungen und Grenzverletzungen basieren sowohl auf fehlender Empathie, der mangelnden Fähigkeit sich in das Gegenüber einfühlen zu können, als auch auf Mythen über menschliche Sexualität. Je sprachfähiger Jugendliche und Heranwachsende sind, je besser sie über die tatsächlichen Gefühle und Bedürfnisse der eigenen Person und der Anderen Kenntnis haben und je mehr Erfahrungen sie mit unterschiedlichen Begegnungsmöglichkeiten machen können, desto stärker ist ihre Chance, dass sie sexuelle Kontakte einfühlsam, rücksichtsvoll und selbstbewusst gestalten können.
Durch erfahrungsnahe und erlebensorientierte Aufklärung im vorliegenden sexualbildnerischen Angebot haben die Jugendlichen und jungen Heranwachsenden einen Wissenszuwachs an sexuellem Wissen. Durch die Förderung und Stärkung der Fähigkeit zur Selbst- und Fremdwahrnehmung und die Auflösung von dichotomen Sichtweisen (Schwarz-Weiß-Denken) und starren Handlungsmustern werden ihre sozialen Kompetenzen erweitert. Durch die Begegnung mit respektvollen sexualbildnerischen Berater*innen, deren Ziel es ist, beim Abbau von Schamgefühlen und Auseinandersetzung mit idealisierenden und entwertenden Vorstellungen über das Verhältnis der Geschlechter, mit der Verleugnung von Gefühlen, den eigenen Bedürfnissen und der Angst vor Abhängigkeit zu begleiten, wird die Verantwortungsübernahme seitens der Teilnehmer*innen gefördert.
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